Angelika Schammert

Texte

Schönheit zu sehen und zu erkennen ist für mich sinnhaft und lebendig. Schönheit ist mein innerer Klang, der mich durchs Leben trägt. Dies drückt sich in meinem künstlerischen Schaffen aus. Meine Bilder sind farbenfroh, lichtvoll und fröhlich und  können beim Betrachten Freude aufscheinen lassen. Die bildende Kunst ist für mich Kraftfeld und Genuss, Lehr- und Lernfeld, hier finde ich Anregung und Motivation, hier fühle ich mich zu Hause.  


Abb.: Angelika Schammert, Licht fühlend rot, Remix Collage, 2023. Digitaldruck auf Polyestergewebe, 173 x 340 cm. Digitale Umsetzung: Simon Schönberger
Abb.: Angelika Schammert, Licht fühlend rot, Remix Collage, 2023. Digitaldruck auf Polyestergewebe, 173 x 340 cm. Digitale Umsetzung: Simon Schönberger

Meine Arbeit „Licht fühlend rot“, eine Malerei/Collage abstrakt-gegenständlich von 2019 trägt das Erlebnis eines tief roten Sonnenuntergangs im Handschuhsheimer Feld (Heidelberg) in sich. Sie ist Ausgangspunkt für den im Banner gezeigten Collage-Remix zum Thema "Orte im Wandel", eine vom Verein "Neckarorte" organisierte Ausstellung im Außenraum. Heidelberg befindet sich deutlich im Wandel, aktuell beschäftigt die Menschen die Schließung der Galeria Kaufhof, die sich seit Jahren im ehemaligen Horten am Bismarckplatz befindet.

 

in meinem Bild "Licht fühlend rot" sind architektonisch anmutende Versatzstücke, u.a. im hinein collagierten Papierschnitt. Die frei geschnittenen Formen erinnern mich an den Vierpass, eine aus dem gotischen Maßwerk hervorgegangene Schmuckform. Architektur also! Die Verbindung zur Eiermann-Kachel der Horten-Fassade - auch ein Vierer, wenn man so will - war für mich augenfällig und sollte inmitten der gesehen-gefühlten Farben und Formen aufscheinen. Im Grunde wird diese Idee am Aufstellungsort im Bismarckgarten unterstrichen: Hinter und zwischen den Bäumen und dem Verkehrsgetümmel taucht die Gebäudefassade je nach genauem Standort mal schmal, mal breiter auf, heute natürlich die mehrmals veränderte Fassade, ein im alltäglichen Geschehen rund um den Bismarckplatz, dem zentralen Verkehrsknotenpunkt in Heidelberg, wahrscheinlich wenig beachteter Umstand.

Ich habe die fotografische Vorlage aufgetrennt, gespiegelt und wieder auseinander gezogen, um ein Foto, das ich vom Kaufhof-Gebäude von der Seite gemacht habe einzufügen bzw. zu hinterlegen. Dann ging es darum, die Teile verschiedentlich und interessant miteinander zu verbinden. So ist eine neue Collage, ein Remix entstanden.

Mein Thema ist nicht nur "der Horten", sondern auch der Wandel. Die Stadt wandelt sich, der Platz wandelt sich, gegenständliche Formen im Bild wandeln sich in abstrakte und umgekehrt (Beispiel Ähre), der Tag wandelt sich im Abendlicht, es wird Nacht, die Natur wandelt sich, meine Collage hat sich erweitert und gewandelt. Der ewige Wandel! Aber welche Bezüge stellen wir her? Was sind unsere Vorstellungen und Visionen für diesen Ort, für unsere Stadt? Welchen Wandel erschaffen wir nicht nur an diesem Ort?


Abb.: Angelika Schammert, Miteinander, 2017. Mischtechnik auf Leinwand, 100 x 70 cm
Abb.: Angelika Schammert, Miteinander, 2017. Mischtechnik auf Leinwand, 100 x 70 cm

Meine Arbeiten entstehen zunächst aus einem spontanen Akt heraus. Das klingt sehr einfach, ist aber entscheidend. Es bedeutet Freiheit und Raum für Intuition, entlässt mich genau besehen aber nicht aus der Ordnung, sondern verlangt Genauigkeit, Behutsamkeit und Konzentration. Es bedeutet, gegenwärtig zu sein im Umgang mit den Mitteln und benötigt ein formales Vokabular, aus dem ich schöpfe.

 

Zu Anfang drücke ich Farbe direkt aus der Tube, lasse sie laufen, kleckern, tropfen, drücke, reibe und quetsche sie, sprühe, arbeite mit dem breiten Pinsel, mit Spachteln und häufig direkt mit Händen und Fingern. Die Farben trage ich in mehreren Schichten auf, verdecke Bildteile, hebe andere hervor. Ich arbeite gerne mit verschiedenen Papieren, schneide, falte, collagiere in die Malereien hinein. Ich drucke (Hochdruck, Liniendruck, Pappdruck...), übermale wieder und gehe mehr und mehr bis ins feinste Detail, manchmal wird der Gestus dann auch wieder forscher, wilder. Abstraktes, Abstrahiertes und Gegenständliches gehen zusammen, wechseln sich ab, überlagern sich. Ich lasse mich von den Farben leiten im Ausdruck dessen, was mich bewegt und was mir ganz alltäglich begegnet.

 

Darüber hinaus ist es mein Anliegen, Schönheit zu schöpfen. Schönheit begegnet mir überall und auf besondere Weise in der Natur. Dort, in Feld, Wald und Wiese, am See, am Meer und auch in den Gärten im Stadtteil erhalte ich Inspiration, Ideen und finde viele meiner Motive: eine Blüte, eine Pflanze, eine Frucht, eine Muschel, ein Insekt…

 

Meine Arbeit für die Internationale Malerei Biennale Hamburg zeigt eine Versammlung verschiedener Pflanzen – es sind Heilpflanzen in ihrer Blühzeit –, deren Auswahl zur Vielfalt gesteigert wird in einem Bildraum, der sich aus Farbklängen, Formen, Flächen, Linien, Schichten formiert. Es öffnet sich ein Raum aus nah und fern, hell und dunkel, mit einer Zone dazwischen oder einer Verbindung zwischen Himmel und Erde. Alle Elemente spielen zusammen in diesem Bild-System, das wie ein kleines Ökosystem wirkt – intakt übrigens, ein Ort für Bienen, wenn man so will.

 

Die Natur in ihrer Vielfalt ist Basis allen Lebens und unser Lebensraum. Der Mensch ringt der Natur viel ab, er dringt in die Natur vor und lässt sich immer wieder von dem Gedanken leiten, die Natur beherrschen zu können. Die Natur ist aber in ihrer Vielschichtigkeit ein vollkommenes System und bietet im Grunde alles, was wir brauchen, um wirklich glücklich zu sein. Für mich bedeutet sie Freude, Fülle, Frieden und Freiheit und sie lässt mich Einheit spüren mit mir selbst und mit dem Leben. Damit ist sie der größte und schönste Ort für Heilung. Deshalb kann es nur ein Miteinander mit der Natur geben, Einklang mit ihr, ein gegenseitiges Geben und Nehmen.

 

In diesem Sinne ist meine Arbeit „miteinander“ ein Farbgeflecht, textil anmutendes Gebilde, ein Ineinander, Aufeinander, Untereinander, Hintereinander, eine Begegnung, eine Bewegung, ein Sich-Finden, ein Spiel, ein Fest. Sie ist Lichtblick, trägt Freude und positive Energie, die in das Leben hinein wirkt. Positive Gedanken, ein freudiges Tun ziehen Positives an. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass unser Bewusstsein eine entscheidende Rolle für die Vorgänge um uns herum spielt, dass wir selbst es sind, die unsere Welt, unser Leben gestalten. In diesem Sinne gestalte ich meine Bilder: Wir alle wollen glücklich sein und da hinein zu wachsen Schritt für Schritt, das gelingt nur im Miteinander, im Einvernehmen, in Einheit mit uns selbst, mit dem Leben und in glücklicher Schwingung allem gegenüber, denn alles hängt mit allem zusammen.

 

Angelika Schammert, im Januar 2018, in: 7. Int. Biennale Hamburg zum Thema Umwelt im Ökologiediskurs, Artenvielfalt, Volume XIV, Ausstellungskatalog zur gleichnamigen Ausstellung im August/September 2018 , Galerie KAM, Kulturaustausch Hamburg-Übersee e.V.